Quo
vadis, Fußball?
Tegelbeckers
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www.s-port.de/quovadis/0094.html |
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Quo vadis,
Fußball? |
Verlag Die
Werkstatt |
Göttingen
2000 |
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3.
[Erlebnisware
Fußball] |
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4.
Wandel
des Fernsehfußballs - Wandel des Fußballpublikums |
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Fußball
ist heute mehr als je zuvor ein Fernsehsport. Der bereits skizzierten Unterteilung
in vier Kategorien folgend (Leistungsspitze/Breiten- bzw. Nachwuchssport;
aktiver/passiver Zuschauersport) erlebt die Bevölkerung das Massenkulturgut
Fußball mehrheitlich im Sinne des passiven Zuschauersports vor dem
heimischen Fernseher. Zwar lockte bereits in früheren Jahren die Aufbereitung
der Bundesliga durch die damalige ARD-Sportschau ein großes Millionenpublikum
vor den Fernseher, doch scheint der Fernsehfußball, was die Strukturierung
seiner Kundschaft anbetrifft, der Szene im Verlauf der vergangenen Dekade
ein völlig neues Publikum zugeführt zu haben. |
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In
den späten 1980er Jahren, immerhin erst ein halbes Jahrzehnt nach
der Einführung des dualen Fernsehsystems in Deutschland (1984), entdeckten
die kommerziellen Fernsehsender RTL (1988 bis 1992) und Sat 1 (seit 1992)
den Bundesligafußball als Vakuum. Von ARD und ZDF bis dahin eher
still beobachtet und begleitet, wird die Bundesliga von den ”Privaten”
seit der Spielzeit 1988/89 im Stile von Unterhaltungsshows aufbereitet
- eine Gezeitenwende in der Fußballberichterstattung, die in ihrer
Bedeutung einem ”Urknall” gleichkam. Ökonomisch wie gesellschaftlich
boomt seither die Branche, und die Entwicklung legt die Erkenntnis nahe,
dass der Fußball in Deutschland durch die veränderte Qualität
seiner televisionären Darstellung kompatibel für das Projekt
”Erlebnisgesellschaft” wurde. |
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Die
Liga stand in der Saison ‘88/‘89 in einem historischen Zuschauertief
- das Phänomen zunehmender sozialer Entfremdung zwischen professionellen
Fußballspielern und Zuschauern war damals längst evident und
Gegenstand zahlreicher soziologischer Untersuchungen. So hatten ROLF LINDNER
und HEINRICH T. BREUER bereits in den späten siebziger Jahren herausgestellt,
dass der Prozess der Kommerzialisierung und Professionalisierung dem Fußball
die ihm ureigenen kulturellen Wurzeln raubte und die mit ihm verknüpften
sozialen und kulturellen Dimensionen zerstörte. Fußball sei
hierzulande (bezogen auf den Star-Status der Spieler) im Laufe dieses Prozesses
zu einem Segment der Unterhaltungsbranche geraten, aber - und diese Differenzierung
seitens der Autoren ist hier wesentlich - ökonomisch ”noch” nicht
zu einer Sparte der Vergnügungsindustrie. |
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Die
Bestandaufnahme aus den späten 1970er Jahren nahm im wesentlichen
die nachfolgende Krise des deutschen Fußballs der 80er vorweg: Das
Stammpublikum wandte sich ab - die Tendenz der Stadionbesucherzahlen verlief
1978-1989 von Saison zu Saison negativ , mit Ausnahme eines einzelnen positiven
Ausschlags im Jahr nach der WM ‘86. Und in der Gunst der Fernsehzuschauer
zog am Fußball seit Wimbledon 1985 der Tennissport vorbei.
Die
Zäsur in der Entwicklung kam dann, wie oben angesprochen, mit der
Spielzeit 1988/89. Das überkommene Trauma der Fußball-Funktionäre,
Fußball im Fernsehen leere die Stadien, erwies sich in kürzester
Zeit als seitenverkehrt. Denn der Verkauf des Fußballs an das Fernsehen
- OTTO REHHAGEL stellte ihn expressis verbis nach der ersten ”ran”-Saison
fest - füllte nicht nur die Fernsehkanäle, sondern die Stadien
und (somit im doppelten Sinne) die Kassen der Bundesligisten gleich mit. |
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Hinsichtlich
des Publikums zeitigte die Aufbereitung der Bundesliga im Stile von Unterhaltungs-Shows
seither zwei erkennbar gegenläufige Tendenzen. Einerseits hatte die
Etablierung innovativer und - im Sinne des notwendigen Werbeumfelds - quotenfähiger
Programmformate durchschlagenden Erfolg bei der Erschließung neuer,
erlebnisorientierter Zuschauerschichten, die dem Fußball bis dahin
eher fern standen. Andererseits ging mit den neuen, immer mehr von Nebenschauplätzen
dominierten Aufbereitungsformen (Spiegel-Zitat: ”Die 39 Grad Fieber von
Olaf Thon sind wichtiger als der Solidarpakt” ) bald die fachlich-qualifizierte
Spielanalyse verloren - eine Tendenz, die auf einen nicht unerheblichen
Teil des verbliebenen Fußball-Stammpublikums stark abstoßend
wirkt. |
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Die
eingangs angesprochene allgemeine Gesellschaftsfähigkeit des Fußballs
begründet sich also zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seinem
medialen Unterhaltungswert, während der rein sportliche Wert des Ereignisses
vom Haupt- zum Teilaspekt zu geraten scheint. In weiten Kreisen der Bevölkerung
ist das Bild vom Fußball gleichbedeutend mit dem Fernsehbild vom
Fußball. Es ist damit in erster Linie ein virtuelles Bild, denn so,
wie er medial inszeniert, transportiert und am Ende auch wahrgenommen wird,
findet Fußball in Wirklichkeit nirgendwo statt. |
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Quo
vadis, Fußball? Beiträge und Diskussion |
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Kapitel
1: |
Leistungsorientierung
und Erwartungshaltungen |
Kapitel
2: |
Das Beispiel Werder Bremen.
Sozialer Anspruch und gemäßigter Kommerz |
Kapitel
3: |
Vereinssport als sozialisatorische
Eintrichtung |
Kapitel
4: |
Attraktivität an den
Grenzen |
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Inhaltsverzeichnis |
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Forschungsprojekt |
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