Quo vadis, Fußball?
Hans-Reinhard Scheu 
 
 
 
 
 
Quo vadis, Fußball
 
www.s-port.de/quovadis/0281.html  
Quo vadis, Fußball?
Verlag Die Werkstatt 
ISBN 3-89533-298-4
Hans-Reinhard Scheu
Fußball und Fernsehen: Vom Wettlauf um den Wandel der Wirklichkeit im Sport
Die Zahl ist alarmierend: Zur Jahrtausendwende hockt der gemeine Bundesbürger pro Tag durchschnittlich drei Stunden und zweiundzwanzig Minuten vor dem Fernseher - Tendenz steigend! Vorrangig Pensionäre und Schüler, aber auch die arbeitende Bevölkerung verlegen folglich einen wachsenden Anteil ihrer Freizeit-Erlebniswelt weg von Vielfalt und Abenteuer, Entspannung und Mobilität hinein in die zweite Wirklichkeit der Fernsehwelt; Transportiertes, Konstruiertes, Inszeniertes und Manipuliertes aus dem makrokosmischen Puzzle von Information und Unterhaltung ergänzen, ja ersetzen eigene Erfahrungen im Mikrokosmos des persönlichen und gesellschaftlichen Umfelds.
Sport ist bereits per se beste Unterhaltung - spannend, faszinierend, einfach und emotional. Zusätzlich profitierte das Bildschirmereignis Sport von den Fortschritten der Technik, dem wachsenden Produktions- und Personalaufwand sowie redaktioneller Kreativität. Aus einem Gelegenheitsangebot wurde ein "Grundnahrungsmittel" des Fernseh-Supermarkts. Eine Nebensache mutierte zur Hauptsache, wie die Charts belegen: 70 der 100 meistgesehenen Fernsehsendungen des Jahres 1998 waren Sport-Live-Übertragungen, allein Gottschalk und Fastnacht konnten in der Gunst der Zapper mit sportlichen Highlights mithalten.

1. 
Kein Fernsehen, kein Ereignis: Von der Gnade televisionärer Wahrnehmung
"Ein Ereignis, über das nicht berichtet wird, hat nicht stattgefunden" bemerkte vor 30 Jahren der Ratzeburger Karl Adam. Der "Ruderprofessor" hatte wohl eine Vorahnung von der Macht der Medien, die Vielfalt des Sports durch den Trichter der Vermittlung zu reduzieren und eine Zweiklassengesellschaft zu provozieren. Hie Fernsehsport (= Profi[t]sport), dort das Gros der verschmähten Disziplinen abseits der Kameras, an denen der warme Regen der Fernseh- und auch Sponsorengelder vorbeifließt.
Weniger die originäre Attraktivität einer Sportart bestimmt den Marktwert, sondern vielmehr die Gnade der televisionären Wahrnehmung bzw. Umsetzung. Die Printmedien, voran die Boulevardpresse, aber auch der Hörfunk stützen den Trend zum "more of the same". Einschaltquote und Auflage dienen als Rechtfertigung bzw. Alibi für die Scharfrichterrolle aller Medien, Produkt für Produkt die Wirklichkeit zu verfälschen, längst ein Zerrbild des Sports zu projizieren und damit letztlich Wahrnehmung und Überblick jener Rezipienten zu manipulieren, die Fernsehbilder auch im Teilbereich Sport als Abbild des gesellschaftlichen Lebens begreifen. 
Das Dreiecksverhältnis Sport - Fernsehen - Zuschauer, im Laufe der Jahre durch den vierten Eckpunkt Werbung/Sponsoring erweitert, hat eine rasante Entwicklung vollzogen, die sich vorzugsweise am wachsenden Einfluss und Reichtum von König Fußball festmachen lässt. Geradezu pervers mutet uns heute ein Vorkommnis aus der Anfangszeit der Beziehungskiste Sport-Fernsehen an. Namentlich das Ansinnen eines westdeutschen Tradtionsclubs an den WDR, gegen Honorar (wohlgemerkt des Clubs zugunsten des Senders!) Szenen eines anstehenden Oberligaspiels ins Programm zu hieven. 
Erst die Gründung der elitären Interessengemeinschaft Bundesliga unter Federführung des Deutschen Fußballbundes leitete den Sinneswandel und Rollentausch von Geben und Nehmen ein. Allerdings verstanden beide Seiten die ersten Fernsehhonorare eher als Ausgleichszahlungen für eine eventuelle Stadionabstinenz von Bequemen (also als Äquivalent für leer gebliebene oder aber von der Fernsehtechnik beanspruchte Plätze) denn als Gegenwert für die Ware Fußball. Außerdem war der Schutz seiner parallel zu den Übertragungen spielenden Amateurvereine damals noch ein echtes Anliegen des Dachverbandes DFB. Damals. 
Die Erkenntnis, dass Fußball im Fernsehen (sogar live) die Menschen nicht aus den Stadien treibt, sondern nachweislich eher zum Spielbesuch anregt, hat sich erst in den späten 1980er Jahren durchgesetzt.
2. Weniger (Inhalt) ist mehr (Quote)
3. Zweite Realität
4. Die Zuschauerperspektive
Quo vadis, Fußball? Beiträge und Diskussion
Forschungsprojekt

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