Jüdischer
Sport im
nationalsozialistischen
Deutschland
|
|
|
1. |
Am
Vorabend der nationalsozialistischen Machtübernahme |
2. |
Erzwungene
Neuordnung jüdischen Lebens |
3. |
Der
"Arierparagraph" im deutschen Sport |
4. |
Olympische
Spiele 1936: Der jüdische Sport als Politikum |
 |
|
5. |
Ausblick:
Das Ende des jüdischen Sports in Deutschland |
|
|
 |
Darstellungen
der "Endphase" des jüdischen Sports in Deutschland |
|
 |
Zusammenfassung
der Situation 1937/38 |
 |
|
|
|
5. |
 |
Ausblick:
Das Ende des jüdischen Sports in Deutschland |
 |
|
Wie für alle jüdischen
Institutionen in Deutschland bedeuteten die Pogrome des 9. November 1938
das gewaltsame Ende auch für den organisierten jüdischen Sport.
Schon im Vorfeld der Berliner Spiele von 1936 hatten zeitgenössische
Beobachter die vor-olympische NS-Politik als eine planmäßige
„Atempause“ für die Juden in Deutschland betrachtet - an der Tatsache
der Planmäßigkeit ließ dann - ex post - auch die historiographische
Analyse keinen Zweifel. Die Erforschung der „Verfolgerperspektive“ bewies
unter anderem, dass - bezogen auf die Bereiche des jüdischen Sports
- die Politik des Appeasement in der Judenfrage zu ”ausführlichen
Anweisungen an die Polizeibehörden” führte, um ”jegliche Behinderung
des jüdischen Sportes, vor allem die örtlichen Verbote, zu vermeiden”.
Der Zeitraum der angeordneten Zurückhaltung - ”bis zur Durchführung
der Olympiade” - war abgesteckt. Der vergleichsweise entspannten Situation
der jüdischen Sportbewegung im Jahre 1936 hatte der Niedergang somit
schon innegewohnt. |
Darstellungen
der „Endphase“ des jüdischen Sports in Deutschland
Anders als die Phase des
Erstarkens und der vorübergehenden Konsolidierung der jüdischen
Sportbewegung zwischen Anfang 1933 und Ende 1936 ist der Zeitraum ihres
Niedergangs qualitativ - wie an anderer Stelle bereits angedeutet - kaum
nachvollziehbar. Das, was heute über die „handelnde und leidende Rolle“
des jüdischen Sports der Jahre 1937 und 1938 projiziert werden kann,
gleicht weniger einem Bild als vielmehr einer Aufzählung, der es an
rechter Struktur mangelt. Die Monographie BERNETTS vermag vielleicht noch
am ehesten Zusammenhänge herzustellen und so Licht auf wenigstens
einige der Abläufe des ”Liquidationsprozesses” zu werfen. Von wichtiger
dokumentarischer Bedeutung sind einzelne Erinnerungen Paul Yogi MAYERS,
der selbst in exponierter Position gleichsam als Subjekt die handelnde
und leidende Rolle jüdischen Sports miterlebte. In den anderen monographischen
Veröffentlichungen - den Monographien ATLASZ’ und DUNKERS - bleibt
die Endphase des jüdischen Sports dagegen quasi vollständig ausgespart. |
Zusammenfassung
der Situation 1937/38
Insgesamt lässt sich
in groben Zügen das folgende Bild des bezeichneten Zeitraums entwerfen:
Nachdem die Olympiaabsage an Gretel Bergmann und der darauf folgende Protest
den letzten unmittelbaren Kontakt zwischen dem jüdischen Sport und
der Reichssportführung darstellten, waren die - pro forma weiterbestehenden
- Richtlinien zum jüdischen Sport fortan Makulatur. Die postwendend
wiedereinsetzende allgemeine Behinderung jüdischer Athleten bei der
Sportausübung und der direkt damit verbundene Übungsstätten-Notstand
drückten dies deutlich aus, wenngleich von der bald ins extreme reichenden
Notsituation kaum offen gesprochen - geschweige denn geschrieben - werden
durfte. Die Gesamtzahl der jüdischen Sportvereine nahm nach 1936 stetig
ab. |
Der Makkabi-Verband verzeichnete
- in logischer Konsequenz seiner auf Emigration ausgerichteten Vereinsarbeit
- entsprechende personelle Einbußen durch Auswanderung. Die Methoden
der Sporterziehung wurden von der Makkabi-Führung durch ein neues
”Grundsystem” ersetzt, das die körperliche und moralische Vorbereitung
auf die Alijah unterstützen und zum Programm der zionistischen Berufsumschichtung
beitragen sollte. Zum quantitativ wichtigsten Faktor der Verbandsarbeit
wurde - so Atlasz - die Jugendsektion des Makkabi, der Makkabi Hazair,
dessen Mitglieder in fünf so genannten Kvuzah - einer verkleinerten
Form der Kibuzzim - in zionistischem Sinne erzogen und an bevorstehende
Aufgaben in Palästina herangeführt wurden. Erwachsene wurden
in so bezeichneten Hachschara-Zentren handwerklich und landwirtschaftlich
auf die Emigration vorbereitet. |
Während also der Makkabi
angesichts der Situation in Deutschland die eigenen Zielsetzungen - „Förderung
der zionistischen Idee unter den deutschen Juden und deren Vorbereitung
auf ein neues Leben in Palästina“ - fortwährend intensivierte,
war der Mutterorganisation des Sportbundes „Schild“, dem Reichsbund jüdischer
Frontsoldaten, spätestens 1936 jede Art der Legitimation seiner zu
Beginn des Jahres 1933 eingenommenen politischen und weltanschaulichen
Positionen verlorengegangen. Keine der im Forschungsbericht
der vorliegenden Arbeit abgehandelten Darstellungen gibt Aufschluss
darüber, wie sich die organisatorische Stellung des Sportbundes „Schild“
im (respektive zum) RjF von nun an definierte. In jedem Fall verließ
nach der „olympischen Pause“ der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten
seine langjährige assimilatorische Position und wandte sich dem Problem
der Auswanderung zu - man anerkannte nun, folgt man Ulrich Dunker, den
Palästina-Aufbau als eine ”zentrale Aufgabe der jüdischen Welt”.
Eine genauere Beschreibung der Auseinandersetzung des „Schild“ mit der
Auswanderung findet sich bei Paul Yogi MAYER. Nach Mayer war der „Schild“
aktiv an der Errichtung der von Curt Bondy geleiteten nicht-zionistischen
Ausbildungsstätte in Groß-Breesen beteiligt. Der Unterschied
zur Alijah und Hachscharah des Makkabi bestand hier, so Mayer, darin, dass
die Ausbildung programmatisch nicht von vorneherein auf Palästina
fixiert war. |
War es noch im Sommer 1936
zwischen Makkabi und „Schild“ zum Eklat gekommen, so gerieten in der Folgezeit
die Gegensätze zwischen den beiden Verbänden zur quantité
négligeable: Ein Abkommen zur Förderung der gemeinschaftlichen
Aufgaben in freundschaftlicher Zusammenarbeit führte im April 1937
zur Beilegung der Gegnerschaft zwischen RjF und Makkabi. Neben der nunmehr
vergleichsweise normalen Durchführung des gegenseitigen Sportverkehrs
war ein weiteres bemerkenswertes Resultat der Annäherung die Veröffentlichung
des Jüdischen Sportbuchs durch Vertreter beider Verbände. |
Die 1937/38 in starkem Maße
zunehmende Einschränkung der Übungsmöglichkeiten für
jüdische Sportler erzwang immer häufiger die Durchführung
von Trainigseinheiten in Räumlichkeiten der jüdischen Gemeinden
oder in privaten Räumen. Hiervon unberührt blieben bis zum 9.
November 1938 die - wenigen - vereinseigenen jüdischen Sportanlagen.
Hier fanden - unter Koordination des Reichsausschusses jüdischer Sportverbände
- bis zuletzt Sportfeste, Wettkämpfe, Runden- bzw. Pokalausscheidungen
statt. |
Noch im Sommer 1938 wurde
im Grunewald-Stadion der Jüdischen Gemeinde ein - wie sich herausstellen
sollte, letztes - großes jüdisches Sportfest ausgerichtet, an
dem 6.000 Schüler aus Berlin und Umgebung teilnahmen. Im Herbst desselben
Jahres beging der Berliner Bar Kochba als ältester jüdischer
Sportverein in Deutschland seinen 40. Gründungstag mit einer Reihe
von Jubiläumsveranstaltungen, die vom 22. bis zum 29. Oktober andauerten.
Nur noch wenige Tage sollten vergehen, bevor die Pogrome des 9. November
jene kaum jemals fassbare letzte Phase jüdischen Lebens in Deutschland,
letztlich in weiten Teilen Europas, einleiteten, die unmittelbar in den
Holocaust führte. |
Schicksalhaft lesen sich
- vor dem Hintergrund der auf den 9. November 1938 folgenden sechseinhalb
Jahre sowie der dann 1948 erfolgten Proklamation des Staats Israel - jene
Worte, die im Oktober 1938 anlässlich des stattfindenden 40. Jubiläums
der Präsident des Makkabi-Weltverbandes an die Berliner Makkabim richtete
und die an dieser Stelle die Darstellung der Geschichte des jüdischen
Sports im Nationalsozialismus beschließen sollen: |
”Es kann kein kurzer
und bequemer Weg sein, es kann wieder 40 Jahre dauern, bis er uns dem Ziele
nahegebracht haben wird, aber wir sind auf dem Wege und wir werden nicht
haltmachen, was immer geschehen mag. Mögt Ihr, Makkabim und Makkabiot,
die Feier des fünfzigsten Geburtstages als freie Brüder und Schwestern
eines freien Volkes in seinem Lande begehen.” |
Bibliographische
Anmerkung zur vorliegenden Textauswahl |
 |
Übersicht:
Jüdischer Sport im NS-Deutschland |
1938: Das Ende des jüdischen Sports in Deutschland |
Deutschlandfunk,
Ludwig Tegelbeckers [mp3] |
"Das
Jüdische Sportbuch". Berlin 1937
Ausstellungsprojekt
Sport unter dem Davidstern |
 |
Texte und Tabellen ©2003
s-port.de [Tegelbeckers]
[Homepage]
·
|