Quo vadis, Fußball?
Tegelbeckers 
 
 
 
 
 
Quo vadis, Fußball
 
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Quo vadis, Fußball?
Verlag Die Werkstatt 
ISBN 3-89533-298-4
W. Ludwig Tegelbeckers
Spiegel der "Erlebnisgesellschaft"? Der Fußball im Wandel vom Spielprozess zum Marktprodukt
”Fußball ist ein Kulturgut”. Viel Aufmerksamkeit wurde 1994 JÜRGEN KLINSMANN für diese Äusserung zuteil, für die ein Spitzenfußballer zehn Jahre zuvor wohl eher belächelt, wenn nicht sogar ausgelacht worden wäre. Klinsmann jedoch erntete nicht nur keinen nennenswerten Widerspruch, sondern breite Zustimmung. In jenem Sommer 1994 war er soeben als einer der Top-Stars aus dem Fußball-WM-Turnier in den USA hervorgegangen, einer Veranstaltung, die wie ein Paukenschlag den Verlauf einer in Wirklichkeit schon länger andauernden Entwicklung auf den Punkt brachte. Das Spektakel, genauer eigentlich: seine mediale Inszenierung, stellte sich zuletzt als totaler Triumph für den Fußball heraus - die Akzeptanz der Sportart nahm mit einem Schlag um ein Beträchtliches zu, und das weltweit. Auf die - auch - in Deutschland gewonnene Reputation des Fußballs bezogen stellte in jenen Wochen der Spiegel den Marsch des ”Proletariersports” durch die Instanzen bis in die obersten Gesellschaftsschichten fest: ”Die Popularkultur hat gesiegt”, so der Befund.
Bemerkenswert an dem bezeichneten Klinsmann-Zitat ist mithin nicht die Aussage als solche. Denn als modernes massenkulturelles Phänomen trat der Fußball im deutschen Sprachraum bereits nach dem Ersten Weltkrieg auf den Plan, andernorts - insbesondere im ”Mutterland” England - auch schon wesentlich früher. Bemerkenswert an dem Zitat ist vielmehr dessen nunmehr allgemeine Tragfähigkeit. Im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen Fußball als ”bloß” mehrheitsfähig galt (und dies, den gängigen Stereotypen entsprechend nur unter Männern, proletarischer Herkunft zudem), ist er im ausgehenden 20. Jahrhundert nun gesellschaftsfähig. 

1. 
Fußball heute: Äussere Anerkennung - innere Probleme
Der Anerkennung, die dem Fußball als Zuschauersport heute von außen widerfährt, steht indessen eine beträchtliche Reihe von inneren Problemen gegenüber, die sich letztlich als Kehrseite ein- und derselben Medaille darstellen. TV-Giganten, private Investoren und Sportrechte-Agenturen haben den Fußball als Rohstoff für ihr Business entdeckt. So fließen im Fußball mittlerweile exorbitante Geldströme, die von Saison zu Saison noch sprunghaft zunehmen - viele der Spitzenvereine jedoch stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand, so sie nicht ohnehin bereits am Finanztropf eines Medienkonzerns hängen.
Zur oben erwähnten Reihe der inneren Probleme zählt hierzulande auch die vieldiskutierte Krise der Nationalmannschaft, versinnbildlicht sie doch, dass im Fußball nicht erst seit gestern ein ernsthaftes Nachwuchsproblem besteht. Dieses Nachwuchsproblem wiederum lässt sich verkürzt als Resultat einer durchschlagenden Ergebnisorientierung fassen, die mit zunehmendem Einfluss des Geldes kurzfristigen Erfolgen größere Bedeutung verleiht als langfristiger und mühevoller Aufbauarbeit: Der andernorts gekaufte ”fertige” Spieler verdrängt das ortsansässige Talent - und so fort.
Bei der Auswahl seiner Themen, Referenten und Autoren lag dem Bremer Symposion und der vorliegenden Publikation die Frage zugrunde, ob und in welchem Maße sich das Fußballspiel in Deutschland im Verlauf des 20. Jahrhunderts aus einem Spiel- und Lernprozess, der es anfangs einmal war, mittlerweile zum (Markt-) Produkt entwickelt hat. Rund vierzig Experten, die in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen - Sportpraxis, Wissenschaft, Wirtschaft, Journalismus und Politik - mit dem Fußball zu tun haben bzw. hatten, waren dazu aufgerufen, im Sinne des Veranstaltungstitels - Quo vadis, Fußball? - den Blick gleichermaßen in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft dieser Sportart zu richten.
Die zentralen Aspekte der Diskussionsbeiträge werden im folgenden zusammenfassend vorgestellt. Die Darstellung des Gesamtphänomens Fußballs erfolgt hierbei entlang einer groben Systematisierung, nach der der Fußball in insgesamt vier Teilkategorien zerfällt. Die erste, gröbste Unterscheidung teilt den aktiv betriebenen Fußballsport vom Zuschauersport. Im jeweils zweiten Schritt wird sodann für den aktiven Fußball zwischen Leistungsspitze und Basis unterschieden (Hochleistungs- bzw. Breiten- und Nachwuchssport), sowie für den Zuschauersport zwischen aktivem und passivem Zuschauer (Stadionbesucher  bzw. Fernsehzuschauer).

Einleitend gilt jedoch das Augenmerk dem gesellschaftlichen und kulturellen Wandel insgesamt, der sich seit den 1950er Jahren in der Bundesrepublik vollzogen hat - gleichsam als kultursoziologisches Deutungsmodell für den eingangs verzeichneten Wandel des ”Proletariersports” Fußball zum allgemeinen Kulturgut.
2. Pluralisierung der Kultur
3. Erlebnisware Fußball
4. Wandel des Fernsehfußballs - Wandel des Fußballpublikums
Quo vadis, Fußball? Beiträge und Diskussion
Inhaltsverzeichnis
Forschungsprojekt

 

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