Sport
unter dem
Davidstern
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Friedrich
Torberg
*Friedrich
Ephraim Kantor (1908-1979) |
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Friedrich
Torberg hat das österreichische Kulturleben nach dem Zweiten Weltkrieg
nachhaltig beeinflusst. Als Theaterkritiker, Sportreporter und Feuilletonist
war er eine Instanz. Seine Geschichten sind hintergründig, seine Kritiken
treffend, seine Übersetzungen brillant. |
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Große
Erfolge auch außerhalb Österreichs errang Torberg vor allem
mit dem Erinnerungsbuch „Die
Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten", wo er das
jüdisch- liberale Milieu der posthabsburgischen Jahre 1918 bis 1938
satirisch und zugleich nostalgisch beschwört. |
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Wichtig ist
Torberg als Herausgeber der Werke von Fritz von Herzmanovsky-Orlando sowie
von Peter Hammerschlag und als Übersetzer der Bücher Ephraim
Kishons. |
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Der Sänger
Süßkind von Trimberg verdankt einen guten Teil seiner Bekanntheit
dem gleichnamigen Roman Friedrich Torbergs. Süßkind ist als
jüdischer Name belegt, die historische Figur aber nicht urkundlich
zu identifizieren. Manche seiner Strophen formulieren Perspektiven des
sozialen Außenseiters, etwa Unrecht durch äußeren Zwang. |
Eben dies
thematisierte auch Torberg in mehreren seiner Werke, zuerst und sehr eindringlich
in dem Roman „Der
Schüler Gerber hat absolviert". 1979, kurz vor seinem Tod, erhielt
Friedrich Torberg den Großen Österreichischen Staatspreis für
Literatur. |
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Warum
ich stolz darauf bin |
Friedrich
Torberg und seine Identität als "Hakoahner" |
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Im reifen Alter von zehn
Jahren wurde ich Hakoah-Anhänger. Wie sehr das mein späteres
Leben beeinflusst hat, weiß ich nicht. Meine Stellung zum Judentum
hat es nicht nur beeinflusst, sondern bestimmt. Ich hatte das unschätzbare
Glück, als Zeuge von Hakoah-Siegen aufzuwachsen, zusammen mit der
Hakoah groß zu werden. Ich hatte das unschätzbare Glück,
mich niemals, keine einzige Sekunde lang, meines Judentums „schämen"
zu müssen. Wofür hätte ich mich denn schämen sollen?
Dafür, dass die Juden mehr Goals schossen und schneller schwammen
und besser boxten als die anderen? Ich war ein Kind, als ich das alles
zu merken bekam. Ich war von Kindesbeinen an stolz darauf, Jude zu sein.
Und dieser Stolz, den ich für nichts auf der Welt hergeben würde,
bleibt mir für alle Zeiten mit dem Namen Hakoah verbunden. |
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Als ich dreizehn Jahre alt
wurde, durfte ich endlich Mitglied der Hakoah werden. Bis dahin hatten
sich meine Eltern heftig dagegen gesträubt, noch heftiger als gegen
meine sportlichen Ambitionen überhaupt. Sie fanden das alles nicht
recht schicklich. Ein wohlerzogener Junge aus gutem Haus hatte Tennis beim
WAC zu spielen, nicht Fußball bei der Hakoah. Aber als sie mich fragten,
was ich mir zur Bar Mizwah (die feierliche Aufnahme des jungen Juden als
vollberechtigtes Gemeindemitglied) wünschte, antwortete ich ohne nachzudenken:
„Ich möchte der Hakoah beitreten.“ Und da konnten sie nicht gut Nein
sagen. |
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Übrigens wurde ich
gar nicht Mitglied der Fußballsektion. Denn damals - 1921 - war die
Fußballsektion von der sportbegeisterten jüdischen Jugend Wiens
so überlaufen, dass sie zeitweilig keine neuen Mitglieder aufnahm.
Wer unbedingt in einer jüdischen Mannschaft Fußball spielen
wollte, musste mit einem der zahlreichen unterklassigen Klubs - Kadimah
oder Hasmonea oder Hechawer - vorlieb nehmen. Und wer unbedingt Mitglied
der Hakoah werden wollte, musste sich bei einer anderen Sektion anmelden.
Die Schwimmsektion nahm noch Anmeldungen entgegen. Ich wurde Mitglied der
Schwimmsektion, die gerade erst in Schwung kam und noch im Boerhave-Bad
im Dritten Bezirk trainierte. |
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Friedrich
Torberg (2. von links) als Mitglied der tschechoslowakischen Meistermannschaft
im Wasserball von 1928, Hagibor Prag |
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Auch ich begann, da ich
nun einmal Mitglied war, zu trainieren, - ohne rechte Hingabe, denn meine
wahre Liebe galt dem Fußballspiel. Aber wenigstens die Anfangsgründe
des Sportschwimmens habe ich von der Hakoah mitbekommen. Die Erfolge, die
ich später zu verzeichnen hatte, fielen in meine Prager Jahre und
in die Aufstiegszeit des dortigen Hagibor, dessen Wasserballer im Jahre
1928 als erste jüdische Mannschaft einen tschechoslowakischen Meistertitel
errangen. Unser Gegner im Finale war der auch nach internationalen Begriffen
sehr starke PTE, Bratislava, der ein paar ungarische geschulte Klassespieler
wie Steiner, Schmuck und Krotz in seinen Reihen hatte. Wir siegten 2:0
und ich schoss beide Tore. Es war, glaube ich, der schönste Tag meines
Lebens. |
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Trotzdem
beziehen sich meine eigentlich „heroischen" Jugenderinnerungen, in denen
ich mit alten Freunden auch heute noch schwelgen kann, nicht auf die Siege,
an denen ich aktiv beteiligt war, nicht auf die Leistungen, mit denen ich
zum Ruhm der jüdischen Sportbewegung beitragen durfte. Sie beziehen
sich fast durchwegs auf die Siege der Hakoah-Fußballmannschaft, die
an Popularität, ja an Weltgeltung alles übertraf, was von Juden
in anderen Sportzweigen geleistet wurde. |
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Meine
Erinnerungen reichen bis in die sogenannte „Pionierzeit" zurück, als
die damals noch zweitklassige Hakoah sich auf erbärmlichen Vorstadtplätzen
mit erbärmlichen Pülcherklubs und deren Anhängern herumschlagen
musste und als es für einen zehn- oder elfjährigen Buben beinahe
lebensgefährlich war, sich als Hakoah-Anhänger zu deklarieren.
Aus dieser Zeit stammt eine Geschichte, die ich schon vor Jahren einmal
niedergeschrieben habe und die mir seither in allen möglichen (meist
entstellten) Varianten wiederbegegnet ist. Ich gebe hiermit die endgültige
und einzig authentische Fassung zu Protokoll. |
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Die Hakoah hatte auf dem
Platz des Brigittenauer A.C. zum Frühjahrs-Meisterschaftsspiel gegen
die Hausherren anzutreten, die in der Tabelle an vorletzter Stelle lagen,
nur einen Punkt vor Vorwärts 06. Wenn die Brigittenauer gegen Hakoah
verloren, hatte Vorwärts 06 noch eine Chance, sich vor dem Abstieg
in die dritte Klasse zu retten. Infolgedessen erschien der gesamte Vorwärts-Anhang
in der Brigittenau, um für Hakoah zu „drucken". Das Spiel stand die
längste Zeit 0:0. Trotz ständiger Feldüberlegenheit
konnte der Hakoah-Sturm gegen die massive Verteidigung der Brigittenauer
keine richtigen Torchancen herausarbeiten. Da, endlich bekam Norbert Katz,
der wieselflinke Hakoah-Linksaußen, einen weiten Vorleger, den er
nur noch erlaufen musste, um dann ungehindert auf das Brigittenauer Tor
losspurten zu können. Gewaltiges Anfeuerungsgebrüll erhob sich.
in das natürlich der Vorwärts-Anhang einstimmte. Besonders ein
an der Barriere lehnender Vorwärts-Anhänger schrie sich die Kehle
heiser. |
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Nun pflegt man in solchen
Situationen den angefeuerten Spieler beim Namen zu rufen - aber den kannte
der Anfeuerer nicht. Und die übliche Bezeichnung, die er für
Juden allgemein parat hatte - nämlich „Saujud“, - schien ihm in diesem
Augenblick doch nicht recht am Platze. „Hoppauf!“ brüllte er also,
und nochmals „Hoppauf!“ - und dann kam ihm eine Erleuchtung. Sein nächster
Zuruf lautete: „Hoppauf. Herr Jud!“ [...] |
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Warum ich Hakoahner wurde?
Warum ich stolz darauf bin, es zu sein? Warum ich glaube, dass es eine
Hakoah geben musste? |
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Weil
sie den Andern beigebracht hat, „Herr Jud“ zu sagen. |
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Entnommen
aus:
Arthur
Baar. 50 Jahre Hakoah
Tel
Aviv 1959 |
Hakoah
Wien: Der österreichische Allround-Sportklub |
Auswahl:
Literatur zur Geschichte des jüdischen Sports |
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Texte und Tabellen ©2003 s-port.de
[Tegelbeckers]
[Homepage]
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