Die Gründung von dezidiert
jüdischen Organisationen war am Beginn des 20. Jahrhunderts eine unmittelbare
Konsequenz des Antisemitismus, der sich in Wien als ausgesprochen allgegenwärtiges
Phänomen darstellte. Neben anderen sozialen und kulturellen Einrichtungen
entstanden in Wien nicht weniger als sechs jüdische Sportvereine,
unter denen sich die zionistisch inspirierte Hakoah (zu Deutsch: die "Kraft")
als echter Magnet erwies. 1909 gegründet, entwickelte der Verein in
der Folge nicht nur ein modernes und vielspartiges Sportangebot, sondern
er wuchs - vor allen Dingen - zu einem zentralen und machtvollen Symbol
jüdischer Identität heran. |
Dass sich in den 1920er
und 30er Jahren Juden in aller Welt mit der Wiener Hakoah identifizierten,
war im Besonderen ein Verdienst ihrer ersten Fußballmannschaft. Nach
ihrem Aufstieg in die erste österreichische Liga (1920) wurde die
Hakoah-Elf zu einem Team aufgebaut, das bereits unter professionellen Bedingungen
spielte, als es den Profifußball in Österreich offiziell noch
gar nicht gab. Und als er 1924 kam, war die Hakoah stärker als die
Profi-Konkurrenz und gewann vor der Wiener Austria ("SV Amateure"!) den
Titel. |
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Hakoah Wien,
österreichischer Fußballmeister 1925 |
Audio:
Hakoah Wien [mp3] |
Ludwig
Tegelbeckers über die Blüte des Hakoah-Fußballs und das
Ende der Hakoah durch den "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland,
der sich im März 2003 zum 65. Mal jährte. |
Deutschlandfunk,
16.03.2003 |
Am Hakoah-Fußball
entzündeten sich auch die Diskussionen vieler jüdischer Intellektueller
und Schriftsteller - zuerst in den Kaffeehäusern Wiens, und bald weit
darüber hinaus. So war zum Beispiel auch Franz Kafka ein bekennender
Hakoah-Fan, wie aus dessen (veröffentlichter) Korrespondenz anschaulich
hervorgeht. Ein besonderes und ausdrucksvolles Denkmal aber setzte den
Hakoah-Fußballern Friedrich Torberg mit seinem 1959 verfassten Essay
"Warum ich stolz darauf bin". |
Als Torberg ("Süßkind
von Trimberg", "Der Schüler Gerber hat absolviert", "Mein ist die
Rache") schriftstellerisch reüssierte, lag bereits eine außerordentlich
erfolgreiche Karriere als Wasserballspieler hinter ihm, die bei der Wiener
Hakoah begann und 1928 zum tschechoslowakischen Meistertitel mit Hagibor
Prag führte. Die eigentliche Liebe Torbergs jedoch war der Fußball.
Und besser gesagt: Der Hakoah-Fußball. |
Friedrich
Torberg: Warum ich stolz darauf bin |
"Meine
Erinnerungen reichen bis in die sogenannte 'Pionierzeit' zurück, als
es für einen zehn- oder elfjährigen Buben beinahe lebensgefährlich
war, sich als Hakoah-Anhänger zu deklarieren. Aus dieser Zeit stammt
eine Geschichte, die ich schon vor Jahren einmal niedergeschrieben habe...". |
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Bela
Guttmann: "Weltenwanderer ohne Kompromiss" |
Auswahl:
Literatur zur Geschichte des jüdischen Sports |
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