Sport unter dem Davidstern
Das Bremer Staatsarchiv zeigt die Geschichte der jüdischen
Sportbewegung in zahlreichen Text- und Bilddokumenten
Wie für die deutsche Nationalbewegung, so hatte auch für den
Zionismus der Sport eine wichtige Katalysatorfunktion. Dies stellt die
Ausstellung "Sport unter dem Davidstern" dar, die nach Basel und Berlin
nun bis zum 26. November im Foyer des Bremer Staatsarchivs Station macht.
In kurzen Texten, die jeweils in deutscher und englischer Sprache vorliegen,
sowie in Bilddokumenten wird jüdische Sportgeschichte von ihren Anfängen
bis in die Nachkriegszeit präsentiert.
Jüdische Vereine wie "Makkabi" oder "Bar Kochba" dienten der Schaffung
einer positiven Identität und hatten die Pflege national-jüdischen
Gedankengutes zur Grundlage. Außerdem wollten sie mit ihrer Arbeit
Vorurteilen über die geringere körperliche Leistungsfähigkeit
von Juden begegnen. Mit diesem Ziel wurde 1932 auch die erste "jüdische
Olympiade" abgehalten: Viele Spitzensportler aus aller Welt traten bei
der "Makkabia" in Tel Aviv erstmals öffentlich als Juden in Erscheinung.
Anders als man vermuten möchte, erlebte die jüdische Sportbewegung
in Deutschland nach 1933 zunächst einen Aufschwung: Jüdische
Sportler wurden aus den allgemeinen in spezielle jüdische Vereine
abgedrängt. Der deutsche Mackabi-Kreis wuchs zwischen 1933 und 1935
von 8.000 auf 22.000 Mitglieder an. Der Verein "Schild" wurde von jüdischen
Frontkämpfern des ersten Weltkrieges sogar erst 1933 gegründet
- mit dem Ziel, seine Mitglieder "im deutschen, vaterländischen Geist
zu erziehen".
In einer Zeit zunehmender Verdrängung aus der Öffentlichkeit
konnten die deutschen Juden in ihren Sportvereinen zeitweise ihr gesellschaftliches
Leben aufrecht erhalten. Auch an der Organisierung von Auswanderungen waren
die Vereine beteiligt. Nach der Pogromnacht 1938 wurden sie allerdings
wie alle anderen jüdischen Organisationen verboten, viele ihrer Mitglieder
in den Konzentrationslagern ermordet.
Der ehemalige Bar-Kochba-Aktive Gad Guttmann führte auf der Ausstellungseröffnung
aus, dass Mitglieder der Sportbewegung nach dem Ende des zweiten Weltkriegs
maßgeblich an der Gründung israelischer Kibbuzim beteiligt waren.
Die wenigen in Deutschland verbliebenen Juden machten mit ihren Sportvereinen
nach 1945 einen überkonfessionellen Neuanfang. In ihren Reihen waren
auch viele Nicht-Juden aktiv, die allerdings zu ihrer Enttäuschung
nicht zur Makkabia zugelassen wurden. In jüngster Zeit, so Guttmann,
profitieren die Vereine vom Wachstum jüdischer Gemeinden durch den
Zuzug russischer Juden nach Deutschland.
Die Ausstellung über die Geschichte des jüdischen Sports könnte
Bremer Sportvereine animieren, die eigene Ausgrenzung ihrer jüdischen
Mitglieder während des Nationalsozialismus zu erforschen, hofft Reinhard
Jarré vom Präsidium des mitveranstaltenden Landessportbundes.
Das gastgebende Staatsarchiv biete zu diesem Thema reichlich Material,
lockte dessen stellvertretender Leiter Günther Rodenburg.
Weitere Anregungen zur Laienforschung könnte der ausstellungsbegleitende
Vortrag des Hannoveraner Professors Lorenz Peiffer über den Ausschluss
jüdischer AthletInnen aus der deutschen Turn- und Sportbewegung geben
(16. November, 19.30 Uhr, Staatsarchiv). jank
Die Ausstellung ist bis zum 26. November im Foyer des Staatsarchivs
zu sehen
in: taz Bremen Nr. 5985 vom 8.11.1999 Seite 23
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